Fotorealistische Spiele: Werden Games immer realistischer?

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Mit jeder neuen Konsolengeneration und jeder neuen Grafikkarte entwickeln die Spiele sich visuell weiter. Neue Technologien wie Photogrammetrie und die Unreal 4-Engine sorgen für fotorealistische Spiele – doch wie lange dauert es noch, bis Spiele ununterscheidbar von der Realität werden?

 

Zum Greifen nah oder weit entfernt – wann sehen wir fotorealistische Spiele?

Erste Spiele, die zumindest mit dem Fotorealismus spielen, gibt es schon seit Jahren. Das mag das opulente „Battlefront“ sein, ein gemoddetes „GTA V*“ oder Spiele, welche auf Photogrammetrie setzen wie „The Vanishing of Ethan Carter“. Die Technologie des letzteren texturiert dabei mit echten Fotos, stellt also eine Art begehbar digitalisierte Welt dar, das ist spielerisch natürlich mit Einschränkungen verbunden.
Auch die Frostbite-Engine von EA (etwa „Battlefield“ und „Battlefront“) ist eher limitiert und eignet sich gut für weniger offene Shooter, Partikel und Zerstörung, ist aber kein Allheilmittel. Das könnte die fotorealistische Unreal 4-Engine sein, diese funktioniert aber dann am realistischsten, wenn wenig auf dem Bildschirm geschieht.
Kurzum ist es eine Frage der Leistung und des Grafikkartenwechsels bei den Spielern. Die Renderfarmen der Entwickler können deutlich mehr Grafik ausgeben als ein Mittelklasse-PC. Und auf denen und den Current Gen-Konsolen sollten Spiele schließlich auch laufen, um finanziell erfolgreich zu sein. Dies wiederum ist bei fotorealistischen Spielen Pflicht, denn die Kosten sind enorm.

Echtheit hat ihren Preis

Spielebudgets liegen inzwischen bei AAA-Titeln deutlich über dem Budget eines durchschnittlichen Hollywoodfilms. Und je näher diese an die Realität heran kommen sollen, desto höher sind die Anforderungen an die Entwicklerteams.
Dies beginnt bereits bei aufwendigen Performance Capture-Verfahren bei der Animation, doch auch Texturen müssen viel präziser sein, das Verhalten muss physikalisch stimmig sein, das Spiel aus Licht und Schatten muss funktionieren und dabei müssen Spieler trotzdem noch den Überblick über das Wesentliche behalten. Das ist auch für größere Entwicklerteams ein Problem und alleine der Anschein von Fotorealismus zu wecken, erfordert ein gigantisches Budget.

Und schließlich sind Spiele immer künstlerische Interpretationen und keine molekülgenauen Simulationen. Es kommt auf das Gesamtpaket an, auf den Eindruck des Realismus und nicht den tatsächlichen Realismus – Blendwerk gehört dabei zum Handwerkszeug des Entwicklers.

 

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Jedem Spiel seine Nische – es muss nicht immer Fotorealismus sein

Wo die eine Kunstform fotorealistisch ist, öffnet sich eine Nische für andere Iterationen der Kunst. Das zeigt etwa das historische Beispiel der Fotografie. Diese war besser geeignet, realistische Bilder zu zeigen und schuf damit den Impressionismus in der Malerei. Auch bei Videospielen zeigt sich, dass nicht jedes Spiel versuchen muss, die Realität bis auf den Pixel genau abzubilden, im Gegenteil. Diese Trends zeigen, dass es auch anders geht:

  • Nintendo und die Switch haben mit ihren Megaerfolgen gezeigt, dass Spieler sich wenig um fotorealistische Spiele scheren, wenn das Spiel einfach nur gut genug ist. „Mario Odyssee“ und „Breath of the Wild*“ sind fantastische Spiele und sehen fantastisch gut aus, das liegt aber eher am Art Design. Statt Liebe zum Detail steckt Liebe zum Design in den Games.
  • Indie-Spiele haben schon nicht das Budget für Fotorealismus und sehen mal gezeichnet, mal pixelig aus. Solche Retro-Spiele zeugen von einer ganz besonderen Liebe zum Medium und das wissen auch die Spieler zu schätzen. Von „Braid“ über „Super Meat Boy“ bis „Pyre“ sind Indie-Spiele längst mehr als nur eine Low Budget Alternative.
  • Zwar mögen „echte“ Gamer den Begriff Mobile Games überhaupt nicht, doch für viele junge und alte Spieler/Innen ist das Smartphone die Konsole. Dort fehlt es alleine an der Leistung für Fotorealismus, doch wie bei Nintendo steht auch hier der Spaß im Vordergrund.
  • Ein letzter wichtiger Faktor ist das sogenannte Uncanny Valley. Dieser Begriff beschreibt ein Phänomen der menschlichen Wahrnehmung. Kommen Videospielfiguren Menschen sehr nah, ohne perfekt zu sein, werden sie eher als unheimlich empfunden. Ein Mario ist klar stilisiert, während unser Auge bei Geralt aus Riva jeden Fehler vergrößert sieht. Alleine deshalb kann die Wahl eines klaren Stils reizvoller sein als die des gewünschten Fotorealismus.

Wenn die Spielegrafik immer besser wird…

Fotorealistische Spiele sind keine Zukunftsvision mehr, sondern bereits jetzt zeigen Sportsimulationen wie „FIFA*“ oder die „Uncharted*„-Reihe einen annähernden Fotorealismus. Das stellt auch Designer vor neue Herausforderungen und schließlich müssen Spieler auch realisieren, dass die genaue Abbildung der Wirklichkeit nicht das ultimative Ziel sein muss. Schließlich sind Spiele Kunstformen und da darf es auch zu stilistischen Variationen kommen.

Titelbild © iStock.com – FOTOKITA

Über den Autor

Andreas, demnächst 35 Jahre jung, Genießer, mehr oder weniger sportlich, meine Mutter sagt immer: "er macht irgendwas mit Computern", ohne iPhone gehe ich nicht aus dem Haus.

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