Nicht erst seit der Diskussion um die NSA-Affäre und deren Aufklärung steht die Vorratsdatenspeicherung erneut im Mittelpunkt heftiger politischer Diskussionen. Mitte 2013 hat zudem der Europäische Gerichtshof die Europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gekippt. Für den Laien wird es immer schwieriger, den Überblick zu dem komplexen Thema zu behalten und zu wissen, was staatliche Behörden in diesem Zusammenhang aktuell dürfen und was nicht.
Ein schillernder Begriff – Vorratsdatenspeicherung
Wie teilweise bei den brisanten NSA Daten geht es bei der Vorratsdatenspeicherung um die sogenannten Verkehrsdaten. Verkehrsdaten sind Verbindungsdaten. Ohne konkreten Anlass werden „auf Vorrat“ inländische Verbindungen zwischen Personen über moderne Kommunikationswege und die Nutzung dieser Kommunikationskanäle gespeichert. Es geht dabei nicht um die Inhalte, sondern die verbundenen Gegenstellen, beziehungsweise die Nutzung eines Kanals an sich. Dies führt zur Verunsicherung, zu abenteuerlichen Vorstellungen über einen gläsernen Menschen und provoziert Polemik in dem hochsensiblen Bereich Datenschutz. Eine sachliche Annäherung an die aktuellen Fakten erscheint dringend geboten.
Gespeichert wird beispielsweise wer, wann, mit wem telefoniert oder per Email kommuniziert hat oder wer, mit welcher IP Adresse, wann und wie lange durch das Internet gesurft ist. Verantwortlich für die Speicherung – hier ist einer der entscheidenden Unterschiede zu den Aktivitäten der NSA – sind die Telekommunikationsunternehmen. Automatisch hat keine staatliche Behörde Zugriff auf diese Daten.
Zugriff auf die gespeicherten Daten – wann kommt der Staat ins Spiel?
Die Grundlage der 2008 in Deutschland eingeführten gesetzlichen Regelung zur Datenspeicherung auf Vorrat war die Europäischen Richtlinie 2006/24/EG, die einen rechtlichen Rahmen für nationale Regelungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten festgesetzt hat, der in der Folgezeit national umzusetzen war. Deutschland nahm in diesem Zusammenhang die Telekommunikationsunternehmen in die Pflicht, die Verkehrsdaten jeweils für sechs Monate zu speichern. Zugriff auf die Verkehrsdaten sollten Behörden unter bestimmten Bedingungen haben:
- Verfolgung von Straftaten
- Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit
- Erfüllung von Geheimdienstaufgaben
Jeder Zugriff sollte unter dem Vorbehalt einer richterlichen Genehmigung stehen.
Das von Anbeginn an sehr umstrittene Gesetz wurde 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. Die Richter sahen eine Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und veranlassten die Löschung aller bis dahin gespeicherten Daten. Es wurde massiv bemängelt, dass das Gesetz die Hürde für den staatlichen Eingriff nicht hoch genug angesetzt hätte. Ein solcher Eingriff könne nach Ansicht der Bundesverfassungsrichter nur bei schweren Straftaten und konkreten Gefahren erfolgen, und nicht allgemein im präventiven Bereich, was besonders den Geheimdienstbereich ausnehmen müsse.
Seitdem hat Deutschland kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und wurde beim Europäischen Gerichtshof wegen Nichtumsetzung der entsprechenden Richtlinie verklagt. Dann kassierte der Europäische Gerichtshof die Richtlinie selbst. Ähnlich wie das Bundesverfassungsgericht rügt der EuGH, dass die Regelungen unverhältnismäßig seien und derart schwere Eingriffe in die geschützte Privatsphäre der Bürger nicht rechtfertigen könnten.
Vorratsdatenspeicherung – Quo vadis?
Aktuell gibt es keine gesetzliche Grundlage in Deutschland, die legal die Speicherung von Verkehrsdaten auf Vorrat und einen Zugriff darauf erlaubt. Über die Verabschiedung einer neuen Richtlinie auf EU-Ebene wird zurzeit diskutiert und auch in Deutschland werden immer wieder Stimmen laut, die ein neues Gesetz fordern. In der schwarz-roten Koalition soll in dieser Legislaturperiode auf einen entsprechenden Gesetzentwurf verzichtet werden.
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